拉堤娜莎拉酒店(La Tinassara)

Die schlichte Pension strahlt eine beruhigende Vergänglichkeit aus und zeigt wie wenig es eigentlich braucht, um sich wohl zu fühlen, einfaches Frühstück von harten Biertisch-Holzbänken unter einem Blechdach, kein funktionierendes W-LAN, dafür einen gepflegten Garten und ein kleiner Swimmingpool zum Abkühlen. Perfektes Urlaubsdomizil, wenn der Chef-Hotelier sich zumindest ein bisschen als Dienstleister für seine Gäste fühlen würde. Leider ist das nicht der Fall. Er scheint etwas menschenscheu zu sein, verkriecht sich irgendwo unerreichbar in sein Domizil und kommuniziert nur über Whatsapp und kleine Zettel, gerne auch mit drohendem Unterton. Wenn man ihm doch mal kurz begegnet, spürt man sein Unbehagen und eine spannungsgeladene Atmosphäre baut sich auf. Irgendwie erinnert der Chef mich an den Schauspieler John Malkovich, bei dessen unergründlicher Miene man nie weiß, ob er sein Gegenüber anlächelt oder diesem gleich das rechte Ohr abbeißt. Das zerstört leider jede Urlaubsfreude.

Sehr ruhige gelegene, idyllische Unterkunft, ideal für Gäste, die spartanisch ausgestattete, historische Gemäuer mögen und dafür auch bereit sind, auf Komfort zu verzichten, Frühstück auf Bierbänken und schräg spritzende Duschen zu akzeptieren, ebenso wie das eigentlich nicht passende Preisniveau eines 4-Sternehotels. Da ich zu dieser Gruppe Gäste gehöre, würde ich für die Unterkunft alleine 5 Sterne vergeben Wenn da nicht der Patron wäre, der seine Pension diktatorisch angehaucht fast wie ein Gefängnisaufseher führt. Er vermeidet möglichst jeden Kontakt mit seinen Gästen, huscht - wenn unvermeidlich - ganz schnell an ihnen vorbei, gibt dabei kurze Befehle von sich und den Gästen kaum Möglichkeit, darauf zu antworten. Er kommuniziert am liebsten über handgeschriebene Zettel oder WhatsApp und neigt dabei zu knapp formulierten Drohungen und Befehlen. Ihm unliebsamen Gästen werden die Betten nicht mehr gemacht oder Bestellungen beim Frühstück ignoriert. Es wäre schön, mit ihm mal etwas Kontakt aufzunehmen und ein paar Sätze am Stück auszutauschen, egal ob auf Englisch oder Italienisch; aber das scheint ihm ganz unmöglich zu sein. Der immer leere Empfangstresen und die unpassierbare Küchentheke betonen durch ihre Massivität die Trennung zwischen seiner Welt und der der Gäste und lassen keine Möglichkeit zu, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Das Frühstück ist von geringer Vielfalt, aber guter Qualität. Der Patron hinter der Theke produziert besten Kaffee, Rührei und Granatapfelsaft, gibt dabei aber nur laute Wortfetzen und Schreie von sich. Wir sind vollständig geimpft und selbstverständlich seinem Wunsch nachgekommen, kurz vor Anreise einen Corona-Schnelltest zu machen, obwohl das in Italien nicht mehr vorgesehen ist. Am zweiten Tag unseres Aufenthaltes kam dann während unserer 60 km Radtour per WhatsApp der drohende Befehl: „Entweder ihr macht heute noch in der Apotheke einen weiteren Corona-Schnelltest (in Italien 22 € pro Test) oder ich schmeiß euch raus.“ Der Apotheker vor Ort und das konsultierte Tourismusbüro haben über dieses Verhalten nur den Kopf geschüttelt. Das war’s, nie wieder Tinassara, leider; der Ort könnte so schön sein mit einem den Gästen zugewandten, freundlichen und kommunikativen Patron. Aber jeder muss für sich selbst entscheiden, ob sein Masochismus groß genug ist, dieses unmögliche Verhalten im Ausgleich für den Aufenthalt an diesem fast paradiesischen Ort zu tolerieren.